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Asylantrag – und die Klage auf seine Bescheidung

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Ein Asylbewerber, über dessen Antrag nicht innerhalb dreier Monate entschieden worden ist, hat die Möglichkeit, gegen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Untätigkeitsklage zu erheben.

In Fällen, in denen das Bundesamt ihn noch nicht angehört hat, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für eine nur auf Verpflichtung des Bundesamtes zur Bescheidung gerichtete Klage.

In dem hier vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschiedenen Verfahren stellt die klagende afghanische Staatsangehörige im Oktober 2014 einen Asylantrag. Nachdem das Bundesamt die Klägerin knapp 22 Monate nicht angehört hatte, hat diese im August 2016 Untätigkeitsklage erhoben und beantragt, das Bundesamt zu verpflichten, das Asylverfahren fortzuführen und über ihren Asylantrag zu entscheiden.

Das erstinstanzlich hiermit befasste Verwaltungsgericht München hat die Klage abgewiesen. Die Klage sei nicht zulässig, weil unmittelbar auf Schutzgewährung hätte geklagt werden müssen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung der Asylbewerberin das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und das Bundesamt verpflichtet, über den Asylantrag zu entscheiden. Der Klägerin fehle nicht das Rechtsschutzbedürfnis für eine auf Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage. Das Verwaltungsgericht sei nicht gehalten, selbst inhaltlich über einen Asylantrag zu befinden, soweit noch keine Anhörung beim Bundesamt stattgefunden habe. Dies folge insbesondere aus der besonderen Bedeutung, welche die Asylverfahrensrichtlinien der EU (2005/85/EG und 2013/32/EU) der persönlichen Anhörung durch das Bundesamt und daran anknüpfenden Verfahrensgarantien beimäßen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dieses Urteil bestätigt und die Revision des BAMF zurückgewiesen:

Die auf Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage ist zulässig. Ein zureichender Grund für eine Nichtentscheidung über den Asylantrag liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung die Asylantragstellung 22 Monate zurückliegt. Die Klägerin hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre auf Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage. Die besondere Ausgestaltung des Asylverfahrens mit der hervorgehobenen Stellung des behördlichen Verfahrens und den daran anknüpfenden Verfahrensgarantien rechtfertigen es in einer Gesamtschau, ein Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Bescheidungsklage zu bejahen. Einem Asylbewerber, der noch nicht angehört worden ist, kann nicht verwehrt werden, allein die Durchführung des behördlichen Verfahrens zu erstreiten; das Gericht ist in diesen Fällen nicht gehalten, die Sache in Bezug auf das Schutzbegehren selbst spruchreif zu machen. Das Bundesverwaltungsgericht hat nicht entschieden, ob der Asylbewerber auf die Möglichkeit der Bescheidungsklage beschränkt ist oder er die Untätigkeitsklage auch mit dem Ziel erheben kann, das Bundesamt zur Gewährung internationalen Schutzes zu verpflichten.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11. Juli 2018 – 1 C 18.17


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